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DJ wegen „Cold as Ice“ verklagt

Als Diskjockey kann man es mit klagewütigen Gästen zu tun bekommen, wie dieser Fall zeigt, den mir Kobus freundlicherweise zugesandt hat, in dem ein DJ verklagt wird.

„Cold as Ice“ ist zwar ein schreckliches Stück, aber der DJ, der das Stück gespielt hat, hat Recht bekommen. NJW 10/2007 (pdf 2 mb) OLG München, Urt. v. 23.10.2006 – 17 U 3944/06

Eine Frau hatte in einer Diskothek einen Tinnitus bei Foreigners „Cold as Ice“ bekommen. Laut Sachverständigem sei in dem Track 16,4 Sek. lang „eine für das menschliche Ohr besonders kritische Tonfrequenz“ enthalten, wobei 12,9 Sekunden davon gesundheitlich unbedenklich seien.

Die Klägerin meint, der Diskjockey hätte dies wissen müssen und die Anlage, bei der zudem der Masterregler abgeklebt war („mechanischer Limiter“), runterdrehen sollen. Das Gericht hatte allerdings Bedenken – bei aller Verantwortung, die ein DJ hat – ob selbst ein erfahrener Diskjockey tatsächlich alle abzuspielenden Musikstücke so gut kennt, dass er die Tonfrequenzen bereits, bevor er das Stück anspielt, berücksichtigen kann. Im Hinblick auf die Vielzahl der Musiktitel, den unterschiedlichen Darbietungen und von verschiedenen Coverversionen erscheint ihm dies unmöglich.

Urteil:

BGB a.F. §§ 823, 847 Ein Diskjockey ist für den Hörschaden einer Besucherin der Diskothek nicht verantwortlich, wenn allenfalls ein Sachverständiger nach Durchführung einer Reihe von Tests die Gefährdung der beanstandeten Tonfrequenz für das menschliche Ohr hätte erkennen können.

In diesem Fall hat der DJ Glück gehabt, denn auch wenn das Gericht den DJ aus der Verantwortung nimmt (s.o.), so haben aber „der Veranstalter und der jeweilige Verantwortliche (…) die Pflicht, durch geeignete Maßnahmen das in ihrer Macht stehende zum Schutz der Besucher vor Hörschäden zu veranlassen.“ (BGH, NJW 2001, 2019)

Denn, wenn ich sehe (oder leider höre) wie tumbe oder taube Techno-DJs bei voller Lautstärke meinen, den Sound so manipulieren zu müssen, dass sie die Mitten- und Höhenregler bei gewissen basslosen Passagen voll reindrehen – dann kann ich nur sagen: Obacht! Klagensgeile Querulanten laufen überall rum.

Ich möchte mich nicht falsch verstanden wissen, ich wünsche mir auf keinen Fall Schweizer „Anti-Rock’n’Roll“-Verhältnisse (<100 db), auch keinen obligatorischen DJ-Führerschein und möchte dabei auf Dj-Regeln Nummer 8-10 verweisen.

Doch obwohl mein Gehör garantiert nicht mehr topfit ist und ich große Lautstärke auf Parties für unabdingbar halte, muss ich mir noch hin wieder – auch bei Konzerten – die Ohren zuhalten. Aber wie kann man sich vor Klagen schützen? Ohrstöpsel an der Kasse? Betreten auf eigene Gefahr?

So sah es 1973 bei einem Kurs zur Erlangung des „DJ Fähigkeitsausweis“ in der Schweiz aus

{ 1 comment… add one }
  • Jakobus Feldkamp 8. Mai 2007, 08:03

    Interessant ist auch, dass das Gericht erkennt, was ein Diskjockey sonst noch so macht, i.e., dass er „auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten nicht nur mit dem Abspielen von Liedern befasst … [Er ist auch] damit beschäftigt, ein Lied auszublenden und das neue einzuspielen.“ Immerhin. Auch nicht überall.

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